Dagmar Henn: Ein Akt der Feigheit

übernommen von Facebook
Den Sputnik Artikel auf den Dagmar verweist dokumentieren wir nachstehend.

Das Video mit der jungen Jezidin und der zugehörige Artikel von Sputnik sind unbedingt lesenswert.

Ein Detail sollte man noch besonders beachten: so, wie sie erzählt, muss der IS-Mann, dem sie in Deutschland wiederbegegnet ist, gut vernetzt sein. Anders hätte er kaum die Information besitzen können, wo sie wohnte.

Dieser Punkt sollte Aufmerksamkeit erregen. Weil das bedeutet, es geht hier nicht um einzelne Individuen, sondern tatsächlich um organisierte Gruppen.

Und was hat das Ganze mit Feigheit zu tun?

Nun, die findet sich im Umgang der deutschen Linken mit der Asylfrage. Denn es ist nur ein Punkt, das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte zu verteidigen (was nichts mit einem Recht auf Einwanderung für Alle zu tun hat). Es ist ein anderer Punkt, nicht länger die Auseinandersetzung darum zu führen, wer ein Recht auf Asyl haben sollte.

Denn schon in der bundesrepublikanischen Geschichte früherer Jahrzehnte war klar – Asyl erhielten durch die Regierung vor allem flüchtende Faschisten; Asyl für verfolgte Linke (beispielsweise für Francogegner oder Anhänger Allendes) musste erkämpft werden. Diese Auseinandersetzung erforderte immer, auch die Verbrechen, die die jeweilige Bundesregierung an anderen Völkern begangen hat, klar zu benennen.

Dieser klare Standpunkt ist eindeutig aus der Mode geraten und wurde ersetzt durch ein völlig verwaschenes ‘Refugees welcome’. Nach dem Motto: wenn wir fordern, alle durchzulassen, dann werden schon auch ein paar Gute mit durchrutschen.

Nun, die politischen Verbündeten der Bundesregierung finden sich leider eher im IS, unter islamistischen Milizen oder andernorts ukrainischen Nazis. Es muss nicht überraschen, dass Personen, die sich im Interesse der deutschen imperialistischen Politik haben verwenden lassen, erwarten, von ihren Auftraggebern aufgenommen und versorgt zu werden. Und es liegt natürlich im Interesse dieser Politik, bewährte Hilfskräfte für künftigen Bedarf auf Vorrat zu legen. So war es auch mit kroatischen und ukrainischen Faschisten.

Ein Klassenstandpunkt besteht in diesem Falle auch darin, Feinde als solche zu benennen und gegen ihre Rettung und Alimentierung Stellung zu beziehen. Wer dann letztlich aufgenommen wird, ist ein Ergebnis des Klassenkampfes.

Dem aber auszuweichen, indem man so tut, als gäbe es diese Feinde nicht, oder gar, indem man keinen Makel an den Eingriffen der Bundesregierung in anderen Ländern findet, das hat mit Klassenstandpunkt nichts mehr zu tun. Denn es gibt kein Land der Welt, das außerhalb der Klassenkämpfe steht, selbst das allerärmste nicht, und in jedem Land gibt es solche, die auf Seiten des Kapitals stehen, und solche, die das nicht tun. Erstere sind immer Feinde, gleich, welche Farbe ihr Pass hat.

Wer diese Frage übergeht, stärkt nur den eigenen Gegner. Dabei ist es gleichgültig, ob das auf einer vermeintlich humanitären Begründung beruht, oder auf der Fantasie, alle Einwohner aller ärmeren Länder seien automatisch auf der richtigen Seite.

Sputnik News:
Mädchen trifft IS-Peiniger und flieht zurück in den Irak

ie wähnte sich in Deutschland in Sicherheit. Doch dann begegnete sie hier dem IS-Mann, der sie verkauft hatte – auf der Straße. Die Polizei konnte gegen den Asylbewerber nichts unternehmen. Das Mädchen floh aus Angst zurück in den Irak. Aber auch dort ist sie in Gefahr. Jetzt will Aschwak H. mit ihrer Familie nach Australien auswandern.

Sie werden ermordet, gefangen, versklavt, sexuell missbraucht und verkauft. Das Schicksal von Jesidinnen und Jesiden in Ländern, in denen sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS)* frei bewegt, ist ein schreckliches. Berichte über in IS-Gefangenschaft gehaltene Jesidenmädchen und —frauen hatten in Deutschland im Jahr 2016 schließlich zur Aufnahme eines Sonderkontingents von 1100 Frauen geführt.

Die bald 19-jährige Aschwak H. ist eines dieser Mädchen. Sie kam nach Deutschland, wähnte sich in Sicherheit und machte die Erfahrung durch, die für das traumatisierte Opfer zu den schlimmsten zählt: Sie traf auf Abu H., auf den Täter, auf ihren Peiniger, der sich nach ihren Worten derzeit als Asylbewerber in Deutschland aufhalten soll.

Ein IS-Mann kommt doch nicht einfach nach Deutschland rein“

Aschwak erzählt gegenüber Sputnik:

„Ich war schon drei Monate bei ihm in Gefangenschaft. Er hat mich dann im Irak verkauft. Danach habe ich mein ganzes Leben im Irak, meine Heimat verlassen, damit ich den Mann vergessen kann. Und ich hätte nie gedacht, dass ich den Mann dann in Deutschland sehen würde.“

2017 merkte sie, dass der Mann ihr hinterherspioniert. Sie habe sein Gesicht deutlich erkannt, sich aber gesagt, dass das unmöglich sei – der IS komme nicht einfach nach Deutschland. „Ich habe dann auch meiner Mutter gesagt, dass ich einen Mann gesehen habe, der wie der IS-Mann aussieht. Meine Mama hat gesagt: Du darfst keine Angst haben, das ist er nicht. In Deutschland gibt es keinen IS“, so die Jesidin.

„Er kannte mein ganzes Leben in Deutschland“

Am 20. Februar 2018 begann sie ein Praktikum in einem Friseursalon. Am Folgetag um 12 Uhr dann der Schock: Der Mann ist wieder da – diesmal aber wesentlich aktiver: „Er kam auf mich zu und hat gesagt: Darf ich etwas fragen?“, berichtet die junge Frau. „Und ich habe gesagt: Bitte. Und habe schon gewusst, dass er der Mann ist. Er hat gesagt: Du bist Aschwak. Ich habe gesagt: Nein, ich bin nicht Aschwak, wer bist du? Er hat gesagt: Doch, du bist Aschwak und ich bin Abu H.“

Danach habe der Mann auf Arabisch gesprochen, Aschwak aber immer wieder auf Deutsch geantwortet und betont, sie könne kein Arabisch. „Weiter hat er gesagt: Doch, du bist Aschwak. Ich weiß, wo du wohnst, mit wem du wohnst, seit wann du in Deutschland bist und in welche Schule du gehst. Er kannte mein ganzes Leben in Deutschland“, erzählt die Jesidin.

Sie teilte den Vorfall ihrer Sozialarbeiterin und später dann auch dem Chef der Waiblinger Polizei mit. „Die haben mir eine Nummer gegeben und gesagt: Wenn du diesen Mann noch einmal siehst, musst du uns anrufen.“ Sie sah ihn zweimal, die Polizei erstellte ein Bild des Täters. „Dann habe ich anderthalb Monate gewartet. Die haben gar nichts gemacht“, teilt das Mädchen mit. Die Lehrerin, an die sie sich ebenfalls gewandt hatte, soll gesagt haben: „Wenn der Irak besser für dich ist, dann gehst du, wenn nicht, dann bleibst du, und wir passen auf dich auf.“ Das Mädchen ging in den Irak.

Aus dem Irak wandte sich Aschwak H. mit folgendem Video an die Öffentlichkeit:

„Ich will nicht mehr zurück nach Deutschland“

Zu der Situation in Deutschland kam hinzu, dass vier ihrer Schwestern jüngst aus der Gefangenschaft befreit worden waren und sie diese im Irak besuchen wollte. Die Sozialarbeiterin sagte, dass Aschwak bis zu sechs Monate im Irak bleiben dürfe. Spätestens dann müsste sie zurück, sonst ginge es nicht mehr. Doch eine Rückkehr nach Deutschland war für Aschwak sehr schnell kein Thema mehr.

„Als ich das meinen Geschwistern und meinem Vater erzählt habe, hat mein Vater gesagt, dass er nicht will, dass ich wieder nach Deutschland gehe, wo dieser Mann ist“, so die junge Frau, die bereits seit knapp vier Monaten im Irak ist und die spätestens im Oktober noch nach Deutschland zurück könnte. Für sie steht fest: „Auf jeden Fall gehe ich nicht mehr hin, egal was jetzt passiert.“

Es ist ihr auch wichtig zu betonen, dass sie unabhängig von diesem Vorfall allen Mitmenschen danken möchte, die viel für sie gemacht und sich viele Sorgen gemacht haben.

„Im Irak kann ich auch nicht leben“

Aber ihr Aufenthalt im Irak ist für die Jesidin auch nicht ungefährlich. Denn obwohl sie bei ihrer Familie untergekommen ist, lebt im Irak auch ein Großteil der Familie des IS-Manns, in Bagdad, wie das Mädchen erzählt. Und was ihre 77-köpfige Großfamilie betrifft, so sind mittlerweile zwar 36 Angehörige befreit oder freigekauft worden, aber „41 sind immer noch in Gefangenschaft und wir haben überhaupt keinen Kontakt mehr“, so das Mädchen. „Ich habe so viel Angst. Wir müssen den Irak unbedingt verlassen, aber nicht nach Deutschland.“ Stattdessen richtet sich ihr Blick nach Australien. Zwei Brüder und eine Schwester Aschwaks leben bereits dort. Am liebsten würde sie mit der gesamten Familie dort hin.

Bisher kein Täter identifiziert – Bundesanwaltschaft

Mit dem Fall ist mittlerweile die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe betraut, bislang mit einem ernüchternden Ergebnis: „Bislang ist es uns nicht gelungen, einen Täter mit der gebotenen Sicherheit zu identifizieren“, teilt eine Pressesprecherin der Bundesanwaltschaft gegenüber Sputnik mit. Der Fall sei aber noch nicht abgeschlossen.

* Islamischer Staat, auch Daesh: eine in Russland verbotene Terrororganisation

>>Mehr zum Fall des Jesidenmädchens Aschwak und ihrem IS-Peiniger am Freitag auf Sputniknews…

Das komplette Interview mit Aschwak H. zum Nachhören:

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